Saskia Plura und Lukas Mittnacht treffen Nobelpreisträger … virtuell!

Auch die diesjährige traditionsreiche 70. Lindauer Nobelpreisträgertagung für Naturwissenschaften ist dem Coronavirus zum Opfer gefallen und wurde auf 2021 verschoben. Jedoch nicht ganz – denn stattdessen haben die Verantwortlichen die Online Science Days ins Leben gerufen. Vom 28. Juni bis 1. Juli 2020 tauschen sich Nobelpreisträger, Lindau Alumni und Nachwuchswissenschaftler aus den Disziplinen Physik, Chemie, Physiologie oder Medizin sowie der Ökonomie in Online-Vorträgen und -Diskussionen aus.

Mit dabei in diesem Jahr: Physikstudentin Saskia Plura und Lukas Mittnacht, Doktorand in der Gruppe für Theoretische Hochenergiephysik (THEP) des Instituts für Physik. Wir haben mit beiden gesprochen.

Saskia, was machst du gerade?
Ich studiere momentan im ersten Semester des Masterstudiengangs Physik und spezialisiere mich auf Teilchenphysik. Zurzeit mache ich ein ERASMUS-Auslandsjahr an der Universität Lund in Schweden und werde im Sommer voraussichtlich mit meiner Masterarbeit am Institut für Kernphysik der JGU beginnen. In der dortigen Arbeitsgruppe von Professor Achim Denig habe ich auch bereits meine Bachelorarbeit geschrieben.

Was hast du gedacht, als du eine Einladung nach Lindau bekommen hast?
Ich war total überwältigt. Es ist eine sehr große Ehre, nach Lindau fahren zu dürfen! Dort kommen so viele exzellente Studierende aus aller Welt zusammen und dazu auch noch die Aussicht darauf, sich mit den Nobelpreisträgern austauschen zu dürfen und von ihnen zu lernen! Das ist einfach unglaublich und ich bin sehr glücklich, dass ich diese Chance bekommen habe.

Nun wird das Treffen in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie nur virtuell stattfinden. Ist die Vorfreude trotzdem da?
Auf jeden Fall! Das Team der Lindau Meetings hat sich ein sehr spannendes Online-Programm überlegt. Zusätzlich haben wir so auch die Möglichkeit, uns mit den Young Economists auszutauschen, die sonst nicht dabei wären. Und nächstes Jahr wird unser Meeting schließlich in Lindau nachgeholt. Dadurch, dass wir uns dann alle schon etwas kennengelernt haben, hoffe ich auf einen noch intensiveren Austausch. Ich freue mich schon sehr darauf!

Als beste „Nachwuchsphysikerin in Rheinland-Pfalz“ hat dich die Rhein-Zeitung betitelt, als du als 17-Jährige Abiturientin bei Jugend Forscht Landessiegerin wurdest. Woher kommt diese Begeisterung für Physik?
Das hat sich bereits während der Grundschulzeit entwickelt: Wenn mein Vater von der Arbeit kam, haben wir regelmäßig zusammen eine Folge Babylon 5 oder Star Trek gesehen. Mich hat der Weltraum einfach total fasziniert! Wir haben auch oft abends in unserem Garten gestanden und die Sterne studiert oder mit dem Teleskop meines Großvaters den Mond beobachtet. Deshalb bin ich auch auf ein MINT-Gymnasium gegangen. Dort hat sich dank meiner Lehrer mein Interesse an Physik noch mehr gefestigt.

Thema bei Jugend forscht war bereits die Elementarteilchenphysik. Warum hast du dir ausgerechnet dieses abstrakte Gebiet der Physik ausgesucht?
Mein erster Kontakt mit dem Gebiet war eher zufällig. Ich habe an einem MINT-EC-Camp zum Thema Astroteilchenphysik am DESY in Berlin teilgenommen. Es war unglaublich spannend!
An der Teilchenphysik fasziniert mich besonders der Gedanke, das Universum irgendwann komplett beschreiben zu können. Momentan können wir nur einen kleinen Teil dessen, was das Universum ausmacht, wirklich beschreiben und verstehen. Die Möglichkeit, Prozesse zu studieren, wie sie kurz nach dem Urknall aufgetreten sind, und mehr darüber herauszufinden, wie unser Universum funktioniert - das finde ich wirklich spannend!

Du engagierst dich auch als Fellow beim Netzwerk Teilchenwelt. Warum ist das so wichtig in deinen Augen?
Ich habe manchmal das Gefühl, dass viele gar nicht wissen, woran und vor allem warum an etwas geforscht wird, besonders wenn es um Grundlagenforschung geht. Ich finde es wichtig, Forschung für alle erlebbar zu machen und zu zeigen, was daran so interessant ist! Das Netzwerk Teilchenwelt gibt mir die Möglichkeit, Schulen zu besuchen und dort mein Forschungsgebiet vorzustellen. Mir macht es einfach Spaß, mehr über meine Forschung zu erzählen und ganz besonders glücklich macht mich das, wenn ich merke, dass Andere auch anfangen, sich für meine Forschung zu interessieren.
Außerdem habe ich so auch die Möglichkeit, besonders Schülerinnen zu zeigen, dass Physik nicht nur etwas für Jungs ist. Leider hält sich diese Auffassung noch immer ziemlich hartnäckig, und viele Mädchen trauen sich ein Physikstudium einfach nicht zu. Ich möchte gerne ein Vorbild für diese Mädchen sein und zeigen, dass es machbar ist und viel Spaß macht!

Lukas, woher kommt dein Interesse an Physik und wann war dir klar, dass du Physik studieren wolltest?
Mir war als kleines Kind bereits klar, dass ich Wissenschaftler werden wollte, jedoch dachte ich zunächst an Biologie oder Chemie. Ich habe dann aber während "Work & Travel" in Australien viel Physikliteratur gelesen und davon war ich so fasziniert, dass ich Physik studieren wollte.

Warum hast du dich für eine Doktorarbeit in Theoretischer Physik entschieden?
Während des Studiums wurde mir zunehmend klar, dass ich wenig Spaß an Laborarbeit habe. Außerdem wurden die Vorlesungen in Theoretischer Physik immer spannender. Bei meinen Doktorvater Prof. Dr. Joachim Kopp habe ich im Masterstudium eine Vorlesung zur Quantenfeld- Theorie gehört und schließlich ein Projekt, sowie meine Masterarbeit in seiner Arbeitsgruppe absolviert. Schließlich bin ich bei ihm auch als Doktorand geblieben, da mir sowohl die Forschungsschwerpunkte, als auch die tolle Atmosphäre in der Arbeitsgruppe sehr zusagten.

Und womit beschäftigst Du dich aktuell in deiner Forschung?
Ich beschäftige mich hauptsächlich mit Phasenübergängen im frühen Universum, besonders im Zusammenhang mit Dunkler Materie. Ich arbeite aber auch an Projekten im Bereich der Neutrinophysik und des Machine Learning.

Was war dein erster Gedanke als du die Einladung nach Lindau bekommen hast?
Ich habe mich natürlich sehr gefreut und empfinde es als große Ehre, mit so vielen talentierten jungen Forscherinnen und Forschern gemeinsam von den Vorreitern so vieler verschiedener Forschungsbereiche lernen zu dürfen.

So erhoffe ich mir Einblicke in die aktuelle Forschung verwandter aber auch fremder Forschungsbereiche. Ich war schon immer sehr an vielen verschiedenen Themen interessiert. Ich bin zwar Physiker, aber im Grunde für jegliche Wissenschaft leicht zu begeistern. Natürlich ist es sehr schade, dass das Treffen dieses Jahr lediglich online stattfindet und ich plane fest nächstes Jahr am Nachholtermin teilzunehmen. Dennoch freue ich mich sehr – auch auf den virtuellen Austausch.