Was heißt präzise?

In unserem Alltag und in vielen Berufen spielt Präzision eine wichtige Rolle. In Forschung und Technologie hat eine immer größere Präzision unser Wissen über die Welt wieder und wieder entscheidend vorangebracht. Und doch ist jede Messung, jede Berechnung immer auch mit einer Unsicherheit behaftet – einem Fehler.

Doch damit nicht genug: Denn es gibt unterschiedliche Arten von Fehlern beziehungsweise von Präzision. Wir veranschaulichen in diesem Modul anhand einer Dartscheibe den Unterschied zwischen statistischen und systematischen Fehlern. Letztere sind das eigentliche harte Brot. Ihnen auf die Spur zu kommen, ist oft gar nicht so einfach, wie Sie in der Ausstellung anhand scheinbar normaler Würfel ausführlich testen können.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind sich bewusst, dass es in ihren Experimente und Rechnungen immer Fehler und Unsicherheiten gibt. Deshalb investieren sie viel Zeit darin, Fehlerquellen zu identifizieren und zu minimieren. Hierin steckt oft sehr viel mehr Arbeit als in der eigentlichen Messung. Der Lohn: Durch die Minimierung von Fehlern kann die Wissenschaft inzwischen in vielen Bereichen eine unglaubliche Präzision erreichen. Das gilt ganz besonders für unsere Forschung bei PRISMA+ – wie Forscherinnen und Forscher auf unterhaltsame Art und Weise in diesem Modul berichten. Lernen Sie hier zwei unserer PRISMA+ Minds of Mainz kennen:

Weiterführende Infos:

In der Ausstellung nehmen wir insbesondere systematische Fehler in der Physik unter die Lupe. Systematische Fehler spielen aber nicht nur in den Experimenten der Physikerinnen und Physiker eine Rolle, auch in Ihrem Alltag begegnen sie Ihnen häufig.

Ein Beispiel gefällig?
Bei manchen Menschen stellt sich beim Blutdruckmessen der sogenannte "Weißkitteleffekt" ein: Wenn man weiß, dass der Blutdruck gerade durch die Person im weißen Kittel gemessen wird, steigt er garantiert an – die Gegenwart des Arztes verfälscht die Messung.

"Niemals etwas anderes als Frequenzen messen" heißt es in der Forschung häufig. Und das ist auch gut so, denn Frequenzen können in der Physik heutzutage extrem genau gemessen werden. Auch viele Experimente bei PRISMA+ setzen auf eine möglichst präzise Frequenzmessung – zum Beispiel die Wasserstoff-Spektroskopie, das Experiment "Project 8" zur Bestimmung der Neutrinomasse, verschiedene Laborexperimente zur Suche nach Dunkler Materie oder die möglichst präzise Messung bestimmter Eigenschaften von Elementarteilchen – allen voran das sogenannte anomale magnetische Moment des Myons.

Im Folgenden finden Sie ausführliche Informationen zu oben genannten Experimenten, die alle auf der möglichst genauen Messung von Frequenzen beruhen.

Wasserstoffspektroskopie: Blick ins Wasserstoffatom

Die Präzisionsspektroskopie von Wasserstoff dient dem Test der Quantenelektrodynamik (QED) gebundener Zustände, der Suche nach "neuer Physik" jenseits des Standardmodells und der Bestimmung fundamentaler Naturkonstanten wie der Rydbergkonstante. Hierbei wird eine erstaunliche Präzision erreicht: "Den 1S-2S-Übergang in atomarem Wasserstoff und Deuterium haben wir in der Arbeitsgruppe von Nobelpreisträger Theodor W. Hänsch am MPI für Quantenoptik in Garching bei München mit einer relativen Genauigkeit von einigen 10-15 bestimmt", erklärt Randolf Pohl, Professor für experimentelle Atomphysik am Exzellenzcluster PRISMA+.
mehr zur Forschung der AG Pohl [in englischer Sprache]

Project 8: Neutrinos auf der Waage

Das "Project 8"-Experiment will mithilfe einer neu entwickelten experimentellen Technik, der sogenannten Cyclotron Radiation Emission Spectroscopy, erstmals eine nicht verschwindende Neutrinomasse beobachten. Dabei geht es darum, das Energiespektrum der im Beta-Zerfall von Tritium zusätzlich entstehenden Elektronen mit möglichst hoher Präzision zu messen, um Abweichungen aufgrund einer möglicherweise vorhandenen Neutrinomasse zu finden. Die Energiemessung läuft über die hochpräzise Messung der Umlauffrequenz der Elektronen in einem Magnetfeld.

Damit das Experiment funktioniert, müssen Wasserstoff-Moleküle - und später (Tritium-)Wasserstoff-Moleküle - zunächst in Atome aufgespalten werden. Die Mainzer Gruppe ist führend bei der Entwicklung solcher atomarer Quellen und betreibt dazu in Mainz einen Teststand.
mehr zu Project 8 bei PRISMA+ [in englischer Sprache]
Im Mainzer Project 8 Labor sammelt ein Teststand Daten von der Umwandlung von Wasserstoffmolekülen in Atome. (Foto/©: Alec Lindman/JGU)Teil des Teststands ist eine Ultrahochvakuumkammer. Hier erhitzt eine weißglühende Wolframröhre Wasserstoffmoleküle so lange, bis sie in Atome zerfallen. (Foto/©: Alec Lindman/JGU)Wie zählt man Wasserstoffatome? Mit einem Massenspektrometer, das den Unterschied zwischen Wasserstoffatomen und Wasserstoffmolekülen erkennen kann. Es ist ebenfalls Teil des Teststands. (Foto/©: Alec Lindman/JGU)Alec Lindman, Doktorand beim Project 8 in der Gruppe von Prof. Dr. Sebastian Böser, installiert ein neues Manometer im Mainzer Teststand. (Foto/©: Alec Lindman/JGU)Reflexionen eines Laserstrahls, der verwendet wird, um eine Quelle von Wasserstoffatomen an einem Massenspektrometer auszurichten. (Foto/©: Alec Lindman/JGU)Blick nach Seattle: Während sich die Mainzer Project 8 Gruppe auf die Entwicklung atomarer Quellen konzentriert, werden in USA erste Prototypen des Experiments aufgebaut. Das hier gezeigte Gerät ist das zweite, das die Kollaboration gebaut hat, und das erste, in dem Tritium verwendet wird. (Foto/©: Alec Lindman/JGU)

Frequenzmessung bei der Suche nach Dunkler Materie

Einige der zurzeit vielversprechendsten Kandidaten für Dunkle Materie sind extrem leichte bosonische Teilchen wie Axionen, axionähnliche Teilchen oder sogar Dunkle Photonen. PRISMA+- und HIM-Forschungsgruppen um Dmitry Budker entwickeln aktuell zahlreiche Experimente, um anhand präziser Frequenzmessungen nach diesen sehr leichten Teilchen zu suchen.
mehr zur Forschung der AG Budker [in englischer Sprache]

Das Myon g-2-Experiment: Das Standardmodell auf dem Prüfstand

Eine extrem präzise Frequenzmessung ist auch Grundlage des Myon g-2-Experiments.
mehr dazu im Themenmodul "Alles streut"

  1. Eine 20 Kilogramm schwere Metallkugel wird zehn Mal hintereinander mit derselben Waage gewogen, die Waage zeigt jedes Mal 23 Kilogramm an. Zeigen die Messwerte
    a. eine kleine Streuung und eine kleine Abweichung
    b. eine kleine Streuung, aber eine große Abweichung
    c. eine große Streuung, aber eine kleine Abweichung
    d. eine große Streuung und eine große Abweichung
  2. Wie lassen sich statistische Fehler minimieren?
    a. durch häufiges Messen
    b. durch gründliches Überprüfen der Messinstrumente

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