Bitte nicht stören!

Für ihre Experimente müssen Forscherinnen und Forscher bei PRISMA+ oft extrem präzise oder saubere Bedingungen herstellen. Denn für bestimmte Messungen ist es entscheidend, Störsignale abzuschirmen oder Unreinheiten zu beseitigen. Nur so gibt sich der gesuchte extrem schwache Effekt zu erkennen. Für unsere Ausstellung haben wir uns eine Analogie überlegt: Schalten Sie verschiedene Störgeräusche nach und nach aus – was übrig bleibt, wird Sie überraschen!

All dies gilt par excellence für die Neutrinoforschung, eimnem wichtigen Schwerpunkt bei PRISMA+. Neutrinos sind wahre Geisterteilchen: Jede Sekunde durchdringen Milliarden von ihnen unseren Körper, ohne dass wir das merken. In großen Experimenten mit tonnenschweren Detektoren können wir sie jedoch aufspüren und erforschen. Dann haben sie uns viel zu erzählen: als Botschafter aus dem Sonnenfeuer, aus dem Inneren der Erde oder aus fernen Galaxien.

Beim Borexino Experiment beispielsweise arbeiten Mainzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einer Umgebung, die extrem frei von Radioaktivität ist, um Neutrinos aus der Sonne nachweisen zu können. Dazu befindet sich das Experiment tief unter den Bergen Norditaliens im Gran Sasso Massiv. Einen Eindruck davon können Sie anhand eines plastischen Modells gewinnen und in eine geheimnisvolle Kugel tief im Berg schauen.

Gehen Sie mit uns auf Geisterjagd!

Weiterführende Infos:

Mit unterschiedlichen Experimenten rund um den Globus versuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Rätseln der Neutrinos auf die Spur zu kommen. PRISMA+ Teams sind an vielen von ihnen beteiligt. Hier drei Beispiele:

>> BOREXINO EXPERIMENT IN ITALIEN

Foto/©: Borexino Collaboration

Der Borexino Experiment hat von 2007 bis 2021 wertvolle Daten zu solaren Neutrinos gesammelt, die noch viele Jahre lang ausgewertet werden. Es befindet sich im größten unterirdischen Labor der Welt, den Laboratori Nazionali del Gran Sasso in Italien. Das Herzstück des Borexino Detektors ist ein extrem dünnwandiger, kugelförmiger Nylonballon, der 280 Tonnen einer speziellen Szintillatorflüssigkeit enthält. Nur einige hundert Mal am Tag kommt es vor, dass ein Neutrino mit dem Detektormaterial wechselwirkt. Dann entstehen winzige Lichtblitze, die von rund 2.000 extrem empfindlichen Photosensoren erfasst werden. Die Mainzer Gruppe bei PRISMA+ entwickelt ausgeklügelte Analysetechniken, um unerwünschte Untergrund-Ereignisse zu unterdrücken.
zur Homepage des Borexino Experiments
Beteiligung von PRISMA+ am Borexino Experiment

Kürzlich würdigte die Europäische Physikalische Gesellschaft die bahnbrechende Forschung der internationalen Borexino Kollaboration mit dem "Giuseppe und Vanna Cocconi-Preis 2021". zur Pressemitteilung der JGU

>> Sehenswert ist auch dieses Video: Solare Neutrinos auf ihrer Reise in den Borexino Detektor [in italienischer Sprache mit englischen Untertiteln]

 

>> NEUTRINOTELESKOP ICECUBE AM SÜDPOL

Foto/©: Martin Wolf, IceCube/NSF

IceCube ist der größte Teilchendetektor der Welt. Er nutzt ein Kubikkilometer Eis als Detektormedium und liegt in der Nähe der Amundsen-Scott-Station am geografischen Südpol. Seit 2010 sammelt IceCube Daten über Neutrinos. 2013 entdeckte IceCube zum ersten Mal extrem hochenergetische Neutrinos, die mit großer Wahrscheinlichkeit von kosmischen Beschleunigern im Weltall stammen. Ein weiterer Höhepunkt der IceCube-Forschung ereignete sich am 22. September 2017: Die Detektoren meldeten ein hochenergetisches Neutrino, das höchstwahrscheinlich aus einer 3 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie im Sternbild Orion stammte. Die Mainzer Gruppe bei PRISMA+ ist maßgeblich an der Weiterentwicklung des Neutrino-Teleskops beteiligt. In den nächsten Jahre soll es einen umfassenden Ausbau erfahren. Vor allem wollen die Forscherinnen und Forscher dabei noch mehr Lichtsensoren installieren.

zur Homepage des IceCube-Detektors
zur Homepage des IceCube Upgrades
Beteiligung von PRISMA+ am IceCube Experiment

 

>> JUNO EXPERIMENT IN CHINA


Abb./©: Michael Wurm

Das Jiangmen Underground Neutrino Observatory (JUNO) soll die Oszillationen der Neutrinos präzise vermessen und damit eine der aktuellsten Fragen in der Neutrino-Physik untersuchen: die Anordnung oder Hierarchie der Neutrinomassen. Das im Aufbau befindliche Experiment ist etwa um den Faktor 100 größer als der Borexino Detektor und nutzt Neutrinos aus zwei Reaktorkomplexen an der südchinesischen Küste: Mindestens 100.000 Neutrino-Reaktionen werden dabei nötig sein, um Antworten auf die Frage nach der Reihenfolge der Neutrinomassen zu erhalten. Gleichzeitig wird JUNO die Energie der Neutrinos mit einer Rekord-Auflösung messen können. Die Mainzer Gruppe bei PRISMA+ ist für mehrere Detektor-Subsysteme am Versuchsstandort in Jiangmen verantwortlich.

zur Homepage des JUNO-Experiments
Beteiligung von PRISMA+ am JUNO Experiment

>> Auch in der Reihe "Physik im Theater" ging es bereits mehrmals um Neutrinos:

Um Präzision zu erreichen und nur die relevanten Ereignisse messen zu können, versuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sämtliche Hintergrundereignisse, die stören könnten, auf verschiedene Arten auszuschließen. Dazu nutzen sie eine Mischung aus Abschirmen, Reinigen, Ausschneiden und Aussortieren:

  • Sie experimentieren im Untergrund, um kosmische Strahlung abzuschirmen.
  • Sie installieren Pufferschichten (beispielsweise aus Öl oder Wasser) um den eigentlichen Detektor, um die natürliche Radioaktivität abzuschirmen.
  • Sie reinigen ihre Detektormaterialien mit aufwendigen Verfahren und werten nur Signale aus dem inneren Teil des Detektors aus, da dieser besonders sauber ist.
  • Sie analysieren ihre Daten genau und sortieren rechnerisch falsche Ereignissen heraus.

Dieses Prinzip heißt "Low Background Physics" und trifft auch für weitere Experimente bei PRISMA+ zu: zum Beispiel für das Dunkle Materie Experiment XENON, an dem Mainzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenfalls beteiligt sind. mehr dazu im Themenmodul: Ich messe was, was Du nicht siehst

  1. Nach welchen Teilchen suchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Borexino Experiment?
    a. Elektronen
    b. Photonen
    c. Neutrinos
  2. Mit wie vielen Sensoren ist der Borexino Detektor ausgestattet?
    a. etwa 500
    b. etwa 2.000
    c. etwa 5.000
  3. Wo wird das Experiment JUNO aufgebaut?
    a. in China
    b. in Chile
    c. am Südpol

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