IceCube-Detektor in der Antarktis spürt hochenergetische Neutrinos aus dem Weltall auf
15.09.2016
Rund 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 12 Ländern, die gemeinsam am Südpol nach Neutrinos aus dem Weltall fahnden, treffen sich Ende September an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Zentrales Thema ist die geplante Vergrößerung des Neutrino-Observatoriums IceCube im antarktischen Eis. Im Anschluss daran kommen am ersten Oktoberwochenende weitere Forscher, die ähnliche Experimente zur Suche nach kosmischen Neutrinos im Mittelmeer und am Baikalsee betreiben, zu dem Treffen in Mainz hinzu.
Neutrinos sind elektrisch neutrale, nahezu masselose Elementarteilchen. Sie werden auch als Geisterteilchen bezeichnet, da sie ohne Weiteres die Erde durchdringen können. „Manchmal reagieren sie jedoch mit Atomen im stockfinsteren Eis und erzeugen eine Handvoll Lichtteilchen“, erklärt Prof. Dr. Lutz Köpke vom Institut für Physik der JGU. Das IceCube-Experiment befindet sich am geographischen Südpol in 1450 bis 2450 Meter Tiefe und sucht mit empfindlichen Sensoren in einem „Eiswürfel“ von einem Kubikkilometer Volumen nach diesen Lichtsignalen. Im Jahr 2013 ist es dem Experiment erstmalig gelungen, Neutrinos aus dem All nachzuweisen. Da der Detektor rund um die Uhr in Betrieb ist, konnte die Zahl der gefundenen hochenergetischen Neutrinos in der Zwischenzeit auf fast hundert erhöht werden. Dies ermöglicht immer detailliertere Untersuchungen – ebenfalls ein Thema des IceCube-Treffens.
Viel häufiger als Neutrinos aus dem Weltall – nämlich rund 100.000 Mal pro Jahr – werden solche Neutrinos nachgewiesen, die durch kosmische Strahlung auf der Erde entstehen. Mit diesen Neutrinos kann zum Beispiel das Phänomen der Neutrinooszillation, also die quantenmechanische Verwandlung der drei bekannten Neutrinoarten untereinander, vermessen werden. Dieser quantenmechanische Effekt wäre auch die einzige Möglichkeit, um Neutrinos zu entdecken, die überhaupt nicht mit Materie reagieren, sogenannte sterile Neutrinos. „Auch dazu werden bei unserem Treffen neue, interessante Ergebnisse vorgestellt“, kündigt Prof. Dr. Sebastian Böser von der JGU an.
Einer der wichtigsten Diskussionspunkte des Treffens wird jedoch die geplante Vergrößerung des IceCube-Detektors sein, mit der die Genauigkeit der Messungen deutlich erhöht werden kann. Hierfür werden unter anderem innovative Lichtsensoren entwickelt, die einerseits die Kosten begrenzen und andererseits die Fähigkeiten des Experiments weiter verbessern.
Die Mainzer Arbeitsgruppe um die Professoren Sebastian Böser und Lutz Köpke trägt zu all diesen Forschungsgebieten teilweise federführend bei. Außerdem wird – parallel zum wissenschaftlichen Programm – ein Workshop zur Forschungskommunikation für Wissenschaftler angeboten, der in Zusammenarbeit mit dem Journalistischen Seminar der JGU veranstaltet wird. Das Treffen der IceCube Collaboration findet vom 24. bis 30. September statt, das anschließende Treffen mit den Gruppen zur Neutrino-Suche im Mittelmeer und im Baikalsee am 1. und 2. Oktober 2016, jeweils im Hörsaalgebäude am Neubau Chemie, Duesbergweg, Campus der Universität Mainz.