Neu bei PRISMA+: Timo Weigand

21.04.2020

Seit vielen Jahren suchen Forscherinnen und Forscher nach einer allumfassenden Theorie des Universums, die die bisher bekannten vier fundamentalen Naturkräfte miteinander vereint. Während drei der vier Kräfte sich mittels der Quantentheorie einheitlich beschreiben lassen, entzieht sich die vierte Kraft, die Gravitation, diesen Versuchen bisher hartnäckig. Ein vielversprechender Ansatz, um auch die Gravitation durch ein Quantenmodell darzustellen, sprich eine „Quantengravitation“ zu entwickeln, ist die Stringtheorie. Im Programm von PRISMA+ ist sie ein wichtiger Eckpfeiler der theoretischen Forschungen – und wird nun mit Timo Weigand durch einen international bekannten Experten auf dem Gebiet vertreten.

Den Ruf an die JGU erhielt Timo Weigand bereits im Januar 2019. Im letzten Jahr arbeitete er gleichwohl als Forscher am CERN in Genf. Sein Mainzer Büro bezog er Anfang 2020.

Die Stringtheorie beschreibt die Grundbausteine der Materie nicht als punktförmige Teilchen, sondern als ausgedehnte Objekte. Diese wurden zu Beginn oft als Fäden – „Strings“ – veranschaulicht und gaben der Theorie ihren Namen. Mehr noch: Die Stringtheorie sieht die Existenz einer zehndimensionalen Raumzeit vor und beschreibt die Physik originär bei sehr hohen Energien.

Um aus der Stringtheorie Aussagen über die Physik in einem (niedrigeren) Energiebereich abzuleiten oder sie auf diese Weise experimentell überprüfbar zu machen, müssen die Physikerinnen und Physiker weitere Annahmen formulieren und Modelle entwickeln. „Wie wäre es sonst zu erklären, dass die Stringtheorie in ihrer mathematischen Beschreibung von einem zehndimensionalen Raum ausgeht, unsere beobachtbare Umgebung aber nur vier Dimensionen – drei räumliche und eine zeitliche – besitzt“, beschreibt Timo Weigand die Herausforderung. Die Lösung: Sechs der zehn Dimensionen werden zu einer kompakten Einheit zusammengefasst, die zusätzlich zu den bekannten Dimensionen existiert – in der Stringtheorie heißt dies Kompaktifizierung. Timo Weigands Forschung konzentriert sich unter anderem darauf, dieses Phänomen physikalisch und mathematisch zu beschreiben.
„Insgesamt bietet uns die Stringtheorie einen kontrollierten und berechenbaren Rahmen zur Untersuchung der Quantengravitation“, sagt Timo Weigand, „sowohl aus theoretischer Perspektive als auch im Hinblick auf die möglicherweise weitreichenden Implikationen für die Beschreibung der Physik bei niedrigeren Energien. Gleichzeitig eröffnet sie überraschende und tiefe Verbindungen zur Mathematik. Auch diese lassen sich nutzen, um allgemeine Ideen über die Struktur der Quantengravitation mittels Stringtheorie zu testen.“ Sein Fazit: Die grundlegende Frage nach einer einheitlichen Theorie aller Naturkräfte hat im Rahmen der Stringtheorie bereits zu faszinierenden Beziehungen zwischen der Quantengravitation im Allgemeinen, der Physik Schwarzer Löcher und der Geometrie von String-Kompaktifizierungsräumen geführt. „Und es gibt noch viele weitere zu entdecken!“

Zur Person
Timo Weigand studierte Physik in München und Cambridge. Nach der Promotion war er Postdoc an der University of Pennsylvania und forschte am Stanford Linear Accelerator Center (SLAC), bevor er 2009 zum Institut für Theoretische Physik der Universität Heidelberg wechselte. In den Jahren 2017 bis Ende 2019 forschte er im Theorie-Department am CERN und folgte 2019 einem Ruf an die Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Anfang 2020 gehört der gebürtige Freiburger zum Team des Mainz Institute for Theoretical Physics (MITP), einer der Leuchttürme des Exzellenzclusters PRISMA+.