Juli 2024
Mit ALPs auf der Suche nach dem Unbekannten
„Mich faszinieren die vielen Rätsel der modernen Physik, die Messungen, die das Standardmodell der Teilchenphysik (SM) nicht vollständig beschreiben kann. Deshalb arbeite ich mit effektiven Feldtheorien, denn sie ermöglichen es uns, die Physik über das SM hinaus auf verschiedenen Energieskalen zu erforschen, und sie erlauben uns sogar, nach neuartigen, bisher unbekannten Teilchen zu suchen, ohne diese direkt zu detektieren. Dabei fokussiere ich mich auf Axionen und Axion-artige Teilchen, kurz ALPs, die nicht im Standardmodell enthalten sind. ALPs können potenziell viele der bisher ungelösten Rätsel erklären, unter anderem das Fehlen von CP-verletzenden Effekten in der starken Wechselwirkung, eine der größten offenen Fragen der Teilchenphysik.
©: Angelika Stehle
Grundsätzlich widme ich mich der Suche nach ALPs von zwei Seiten: direkt und indirekt.
Bei der direkten Suche ist der Zerfall geladener Kaonen in ein Pion und ein ALP ein aufschlussreicher Prozess, der bisher nicht beobachtet werden konnte. Da dieser Prozess Limits an die Kopplungen von ALPs an die uns bekannten Teilchen setzt, muss er genau verstanden werden. Deshalb wollte ich die sogenannten Ein-Schleifen-Quantenkorrekturen berechnen. Zu meiner Überraschung war die Theorie dieses Zerfalls jedoch noch nicht vollständig verstanden: Es fehlten wichtige Beiträge in der Operatorbasis, um die experimentellen Ergebnisse konsistent beschreiben zu können. Diese haben meine Kolleg:innen und ich nun ausgearbeitet und vor Kurzem publiziert.
Bei der indirekten Suche nutzen wir die Tatsache, dass virtuelle Quantenkorrekturen durch ALPs einen Einfluss auf die theoretische Vorhersage von Messergebnissen haben können, und eine Abweichung zwischen Theorie und Experiment wäre ein Indikator für neue Physik. Ein Vorteil der indirekten Suche ist, dass sie im Gegensatz zur direkten Suche unabhängig von den genauen Eigenschaften des ALPs ist, die uns unbekannt sind, und daher auch zur Einschränkung der ALP-Kopplungen verwendet werden kann.
Ich rechne in erster Linie am Computer, aber auch ganz klassisch mit Stift und Papier. Besonders spannend finde ich, wie aus jedem gelösten Rätsel meistens etliche neue Fragen und Forschungsideen entstehen, die ich dann gemeinsam mit meinen Kolleg:innen zu beantworten versuche.“
Anne Galda ist seit 2021 Doktorandin in der Gruppe von Prof. Dr. Matthias Neubert und Fellow der Mainz Physics Academy des Exzellenzclusters PRISMA+. Nach ihrer Bachelorarbeit im Rahmen des IceCube-Experiments hat sie sich der theoretischen Seite der Teilchenphysik zugewandt. Die Antworten auf die Rätsel, die sie faszinieren, findet sie durch ihre Berechnungen.