Woran forschen Sie gerade? Dr. Martin Rongen

12.02.2021

Das Eis verstehen

„Mit dem IceCube-Experiment am Südpol fangen wir mithilfe von einem Kubikkilometer Gletschereis Signale von Neutrinos auf, die aus den Tiefen des Weltalls kommen. Wenn eines dieser Neutrinos auf ein Eismolekül trifft, senden die dabei entstehenden Teilchen auf ihrem Weg durchs Eis ein besonderes bläuliches Licht aus. 5.160 Lichtsensoren, die in Glaskugeln an langen Kabeln bis zu 2,45 Kilometer tief ins Eis reichen, fangen dieses Cherenkov-Licht auf.

Um die gemessenen Signale korrekt auszuwerten, müssen wir die Sensoren und das Eis als Detektionsmedium so genau wie möglich kalibrieren und vor allem simulieren, wie sich das Cherenkov-Licht ausbreitet. Dabei müssen wir mittlerweile nicht nur Verunreinigungen im Eis, sondern auch dessen Mikrostruktur als doppelbrechenden Polykristall und damit die an jedem Übergang zwischen zwei Kristallen auftretenden Brechungen berücksichtigen.

©: Angelika Stehle

Als definierte Lichtquelle nutzen wir LEDs, die sich gemeinsam mit den Lichtsensoren in einer Glaskugel befinden. Deren definierte Lichtpulse werden von den Sensoren anderer Kugeln registriert.

Aktuell arbeiten wir am Ausbau unseres Neutrino-Teleskops: Im IceCube Upgrade wollen wir 700 neue Detektorkomponenten ins Eis bringen und die Kalibrationsmethoden zum Beispiel mithilfe neuer LED Flasher weiter verbessern. Jeder Flasher ist eine kleine Platine, die alles benötigt, um eine einzelne LED für wenige Nanosekunden genau definiert aufleuchten zu lassen. Der Clou: Wir konzipieren die Flasher nicht nur, sondern testen und produzieren sie in großer Zahl im PRISMA Detektorlabor. Die Generalprobe in 2020 ist mit 220 Flashern sehr gut gelungen. Für die Produktion von 4.500 Flashern in 2021 stehen wir in den Startlöchern.

Die vor-integrierten Detektorkomponenten mit „unseren“ Flashern werden voraussichtlich 2022/23 in sieben neuen Bohrlöchern installiert. Vor Ort in der Antarktis mit dabei zu sein, ist eine sehr prägende Erfahrung, die ich selber bereits zwei Mal erleben durfte. Nicht umsonst macht das Wort vom „Ice fever“ unter den Expeditionsteilnehmern die Runde.“

Dr. Martin Rongen ist Postdoc in der Gruppe von Prof. Dr. Sebastian Böser und arbeitet am IceCube-Experiment. Vor Ort in der Antarktis mit dabei zu sein, ist für ihn eine sehr prägende Erfahrung, die er bereits zwei Mal erleben durfte.